Männer zu verführen war ihr Beruf. Stephanie Dorninger war eine sehr hübsche Hure, die ihr Handwerk beherrschte. Die wahre Gesinnung erfährt man von den Menschen immer in den intimsten Momenten. Das wussten auch die Entscheidungsträger der Geheimpolizei des Kaisers und warben immer mehr Kurtisanen an. Für die Damen des horizontalen Gewerbes war die „Berufung in den Staatsdienst“ ein lukrativer Nebenerwerb, galt es doch besonders bei der männlichen Bevölkerung die Kritiker und Feinde des Kaisers ausfindig zu machen.
Die „Einsatzgebiete“ der „Agentinnen“ des Kaisers waren Etablissements wie die „Mehllucken“, ein Tanz- und Amüsierlokal. Eines Abends warb ein fülliger Mann, er war Bankier, um die bildhübsche Wienerin. Sie dachte nach, sie brauchte jetzt einen Erfolg bei ihrem Vorgesetzten, dem Leiter der kaiserlichen Polizei. Den ganzen Abend redete sie dem Mann ein wie schlecht der Kaiser sei. Er plapperte alles nach. Er schrie mitten im Lokal „Revolution“, „Hoch lebe Napoleon Bonaparte“. Polizisten in Zivil, als Gäste getarnt, notierten das Verhalten und ließen Stephanie wissen: „Bring ihn mit dem Fiaker vor die Stadtmauer und spiele ihm ein Liebesabenteuer vor.“ Stephanie Dorninger musste mit dem alkoholisierten Mann nicht mehr viel machen. Die Staatsdiener nahmen den armen Mann in Gewahrsam.
Die bildhübsche Kurtisane erschien bei einem Fest vor seiner Majestät Kaiser Franz I. „Ich habe da für Sie einen besonderen Auftrag. Sie soll mit dem Maler Anton Möllhammer ins Theater gehen!“ Er beleidigt das Kaiserhaus regelmäßig. Stephanie verliebte sich allerdings in den Maler. In den Rosenberg´schen Sälen in der heutigen Piaristengasse traf sich die Wiener Hautevolee. Ein junger Mann blieb vor ihr stehen, es war der Anton Möllhammer… „Steffi bist du das?“ Einige Sekunden blickte die Frau ihr Gegenüber wortlos an. „Nein, ich bin nicht Steffi, sondern ihre Zwillingsschwester. Die Steffi ist ein anständiges Mädchen geworden und ist ins Kloster gegangen, da sie dich nicht zum Manne bekam,“ log sie ihn an. Möllhammer konnte nicht glauben was er hörte und zog sich zurück.
(Quellen: Czeike, Felix: Der Graben, (Wiener Geschichtsbücher, Band 10), 137 Seiten, Wien, Zsolnay 1972, ISBN:978-3552024014; Welfenburg, Hubert: Die frivolsten Geschichten aus dem alten Wien, 305 Seiten, Wien, Elektra, 1980, ISBN:978-3272070162;Czeike, Felix: Unbekanntes Wien 1870-1920, 22 Seiten, 44 Blätter Illustrationen, Luzern, 1998, ISBN:978-3765812170)
Time Travel Tipp: Naglergasse, die niedrigen Hauseingänge oft unterhalb des Straßenniveaus zeugen von Weinkellern bis Anfang des 20. Jahrhunderts, die Naglergasse gaben sich außerdem die Damen der Nacht bis in die 1960er Jahre ein Stelldichein.
Redaktion: Michael Ellenbogen